Raus aus der Komfortzone und Deutsch lernen – Jakob in Lindenberg13. Mai 2022
Unser Schüler Jakob erzählt uns von seinem politischen Engagement, seinem musikalischen Talent und seinen Erfahrungen in Lindenberg. Jakob stammt aus China, besucht derzeit die 12. Klasse des Gymnasiums Lindenberg und steht kurz vor seinem Abitur. Er berichtet uns auch über seine Anfänge mit den Deutschkursen am Humboldt-Institut und seine Schulzeit in Deutschland. Natürlich hat er auch einen Tipp zum Deutschlernen parat.
Kannst du dich kurz vorstellen?
Gerne! Ich bin Jakob und komme aus China. Schon mit 14 Jahren wollte ich ins Ausland gehen und dort eine Schule besuchen. Mich hat die Idee fasziniert, ganz allein loszuziehen und die Welt zu sehen. Das habe ich mit meinen Eltern besprochen und sie haben mich glücklicherweise dabei unterstützt.
Warum hast du begonnen Deutsch zu lernen?
Durch eine Mitschülerin bin ich auf die Idee gekommen, in Deutschland auf eine Schule zu gehen und vielleicht auch dort zu studieren.
Schon zu Hause in China habe ich damit begonnen, Deutschkurse zu besuchen und habe es in Tianjin bis ungefähr zur Stufe B1 geschafft. Während der Kurse in China haben wir sehr viel Grammatik gelernt und ich fand es schwierig, die gelernte Grammatik anzuwenden, da im Unterricht viel Chinesisch gesprochen wurde.
Anschließend bin ich nach Deutschland geflogen und habe am Humboldt-Institut in Bad Schussenried meine Deutschkurse ab der Niveaustufe B1 fortgesetzt.
Welche Erfahrungen hast du dort gemacht?
Vor meiner Ankunft war ich auf die berühmte deutsche Autobahn gespannt. Doch leider war das Wetter schlecht und deshalb konnten wir nur sehr langsam fahren (lacht).
Am meisten hat mich nach meiner Ankunft die Stille beeindruckt. Ich bin abends auf den Balkon meines Zimmers gegangen und es war absolut ruhig. Eine solche Stille kannte ich von zu Hause gar nicht.
Die ersten Tage waren eine große Umstellung, obwohl ich schon Deutschkenntnisse mitgebracht hatte. Am Humboldt-Institut wird ausschließlich auf Deutsch unterrichtet und ich habe etwas Zeit benötigt, um mich daran zu gewöhnen. Da auch im Alltag fast nur Deutsch gesprochen wurde, hat das aber gut geklappt. Dieses Eintauchen in die Sprache hat mir im Rückblick sehr geholfen, da ich dadurch gezwungen war, selbst viel auf Deutsch zu kommunizieren.
Ich kann nur immer wieder betonen, wie wichtig es ist, solche Herausforderung anzunehmen und seine Komfortzone zu verlassen. Denn nur so konnte ich mich beständig verbessern. Im Nachhinein kann ich stolz auf meine eigene Leistung zurückblicken.
Ich habe auch bewusst auf ein elektronisches Wörterbuch verzichtet und stattdessen damit begonnen, mit einem einsprachigen Wörterbuch zu arbeiten. So konnte ich mir die Bedeutung und die Verwendung der neuen Vokabeln viel besser merken und sie auch schneller selbst anwenden. Diese Arbeitsweise kann ich jedem, der eine Sprache lernen will, nur empfehlen!
Wie verlief dein Start an der Schule?
Vor dem Gymnasium Lindenberg war ich zunächst an einem musischen Gymnasium in Bayern. Von daher wusste ich in etwa, was mich erwartet. Generell ist es so, dass der Wechsel von der Sprachschule auf eine „richtige“ Schule eine größere Umstellung ist, ähnlich wie beim Wechsel von China nach Deutschland. Die Erwartungen sind noch etwas höher und man muss ähnliche Leistungen bringen wie die deutschen Mitschüler, beispielsweise wenn es darum geht eine Kurzgeschichte zu schreiben. Als Nicht-Muttersprachler ist das nämlich deutlich schwieriger, allein schon, weil man einen kleineren Wortschatz hat.
In Lindenberg haben mir bei der Integration die außerschulischen Aktivitäten am Humboldt-Institut viel geholfen. Aber auch meine deutschen Mitschüler haben eine wichtige Rolle gespielt, zum Beispiel wenn wir gemeinsam gekocht haben oder uns einfach nur besucht haben. Während eines Wandertags haben wir unsere Mitschüler und Lehrer zu einem Besuch im Humboldt-Institut eingeladen, damit sie sehen konnten, wie wir im Internat leben.
Du bist Mitglied im ersten Lindenberger Schülerparlament. Wie kam es dazu?
Als ich 2020 hörte, dass es in Lindenberg ein Schülerparlament geben soll und Kandidaten gesucht wurden, war für mich sofort klar, dass ich die internationalen Schüler und ihre Anliegen vertreten wollte.
Welche Aufgaben habt ihr?
Wir sind insgesamt elf Mitglieder und haben regelmäßig öffentliche Sitzungen mit der Stadtverwaltung, bei der wir die Anliegen der Jugendlichen vorbringen können. Wir setzen uns zum Beispiel für bessere Mülltrennung und für einen Skatepark ein. Darüber hinaus haben wir noch viele weitere Ideen. Außerdem veranstalten wir politische Salons, zu denen wir Schülerinnen und Schüler einladen, um über unterschiedlichste Themen zu diskutieren. Auch der Bayerische Rundfunk und die Lokalzeitung haben schon über unsere Arbeit berichtet.
Hinweis: Weitere Informationen zur Arbeit des Jugendparlaments in Lindenberg gibt es auf Instagram unter @jupalindenberg.
Engagierst du dich neben dem Schülerparlament noch an anderer Stelle?
Seit mich mein Musiklehrer dafür vorgeschlagen hat, treffe ich mich regelmäßig mit anderen Schülerinnen und Schülern aus dem Regierungsbezirk Schwaben am Schülerbegabungsstützpunkt für Kammermusik in Memmingen. Ich spiele Klavier und übe dafür circa 1,5 Stunden am Tag, in den Ferien auch mal länger. Zusätzlich belege ich am Gymnasium das Additum in Musik. So kann ich Musik als Prüfungsfach im Abitur belegen und meine Endnote verbessern.
Du stehst kurz vor deinem Abitur. Welche Pläne hast du für die Zeit danach?
Am Gymnasium habe ich Ethik belegt und im Lehrplan dieses Fachs kommt auch Psychologie vor. Da mich dieses Fach sehr interessiert, möchte ich ab dem Wintersemester Psychologie studieren und bereite mich neben dem Abitur auf das Auswahlverfahren im Fach Psychologie für Baden-Württemberg vor. Mit einem guten Ergebnis kann ich hoffentlich meine Chancen auf einen Studienplatz in Psychologie erhöhen.
Vielen Dank für das Interview, Jakob! Wir wünschen dir viel Erfolg beim Abitur und deinen Zukunftsplänen!