Ein Auslandssemester an einer Sprachschule – Teil 212. Januar 2022

Im ersten Teil der Blog-Reihe „Ein Auslandssemester an einer Sprachschule“ haben wir euch das Colorado College aus den USA vorgestellt, das ein Auslandssemester am Humboldt-Institut absolviert hat. In Teil 2 berichten wir euch nun von der University of Nebraska-Lincoln (UNL).

Bereits seit 2017 schickt die UNL jedes Jahr eine Studentengruppe für ein Semester ans Humboldt-Institut in Berlin-Mitte. Die Studierenden besuchen dort unsere Deutschkurse, erhalten Unterkunft mit Vollpension, nehmen an unserem Freizeitprogramm teil und besuchen einen Kulturkurs, der von ihrer Dozentin bei uns im Haus durchgeführt wird.

Wir haben uns mit Jessica Akinshev (22 Jahre) und Harry Endrulat (27 Jahre) von der UNL unterhalten. Sie erzählen uns in diesem Interview, warum sie sich für das „Study Abroad“-Programm entschieden haben und wie es ihnen am Humboldt-Institut gefällt.

Hallo, ihr zwei! Wer seid ihr und woher kommt ihr?
Harry: Ich bin Harry und komme aus Lincoln, Nebraska. Nebraska ist ein kleiner Staat in der Mitte von den Vereinigten Staaten.

Jessica: Ich bin Jessica und komme ebenfalls aus Lincoln. Ich bin allerdings in Tacoma im Bundesstaat Washington geboren, aber meine Familie ist 2006 nach Nebraska gezogen.

Was studiert ihr zu Hause in den USA?
Harry: Ich studiere Computerwissenschaften im vierten Studienjahr. Am College „Arts and Science“ der UNL muss man eine Fremdsprache lernen. Ich wollte es mir nicht allzu leicht machen, aber auch nicht unnötig schwer. Also dachte ich mir, Deutsch ist vermutlich einfacher als Russisch, aber schwieriger als Spanisch. (lacht) Außerdem lebt meine Schwester in Deutschland, also habe ich mich für Deutsch entschieden. Inzwischen liebe ich die Sprache.

Jessica: Ich studiere internationale Wirtschaftswissenschaften und Deutsch. An der High School habe ich vier Jahre lang Deutsch gelernt. Meine Lehrerin war zwar ziemlich streng, aber auch total herzlich. Als ich mich für ein Studienfach an der Uni entscheiden musste, habe ich darüber nachgedacht, wie viel Spaß mir die Deutschkurse an der High School gemacht haben. Deshalb habe ich Deutsch als eines meiner Hauptfächer gewählt. Die Dozentin an der Uni hat mich an meine Lehrerin von der High School erinnert: Streng, aber nett. Ich lerne Deutsch also quasi wegen der Menschen, die ich toll finde. (lacht)

Möchtet ihr eure Deutschkenntnisse später in eurem Beruf anwenden?
Harry: Sehr gerne! Aber ich weiß noch nicht genau, wie ich es umsetzen kann.

Jessica: Ja! Inzwischen kann ich mir sogar vorstellen, mehrere Jahre oder vielleicht sogar für immer in Deutschland zu leben. Ich spreche auch ein bisschen Russisch, weil meine Eltern aus Belarus kommen. Vielleicht könnte ich für eine Firma in Deutschland arbeiten, die in Deutschland, Russland und den USA tätig ist. Das einzige Problem ist: Deutschland hat keine „Cheez Its“ und auch keine „Goldfish“. Das sind meine Lieblingssnacks. Und ich liebe weißen Cheddar-Käse, aber den gibt es hier auch nicht. Das ist das einzige Manko an Deutschland. (lacht)

Wie kam es dazu, dass ihr an dem Austauschprogramm teilgenommen habt?
Harry: In meinem Deutschunterricht haben sich alle Schüler über dieses Programm unterhalten, wodurch ich darauf aufmerksam wurde. Ich mag Deutsch, ich mag Berlin, ich mag Deutschland! Deshalb habe ich mich dann auch entschieden, herzukommen.

Jessica: Als ich in meinem zweiten Jahr an der UNL war, wollte ich selbständig einen Aufenthalt in Deutschland organisieren, um dort an einer Uni für ein Jahr zu studieren. Meine Dozentinnen haben dann mit mir gesprochen und mir gesagt, dass das Programm bei Humboldt besser ist, weil der Fokus auf der deutschen Sprache liegt. Ehemalige Teilnehmer von dem Programm haben uns dann von ihren Aufenthalten am Humboldt-Institut erzählt und irgendwie hatten alle eine ähnliche Erfahrung: Es hat ihnen super gut gefallen. Inzwischen bin ich froh, dass ich mich für das Programm entschieden habe. Man lernt am Humboldt-Institut so viele internationale Menschen kennen. Es ist toll, hier zusammen zu leben und zu lernen. Es werden viele Aktivitäten und Ausflüge angeboten. Für alles ist gesorgt und man wird sehr schnell integriert.

Unsere Schüler beim Schlittschuhlaufen
 
Jessica, du hast in der Vergangenheit schon mal an dem Programm teilgenommen. Warum bist du ein zweites Mal gekommen?
Jessica: Ich war 2020 hier und musste den Aufenthalt wegen Corona früher abbrechen. Aber ich habe es wirklich geliebt, weshalb ich mit der diesjährigen Gruppe wiedergekommen bin.

Was gefällt euch an Deutschland – insbesondere an Berlin – am meisten?
Harry: Mir gefällt die Architektur sehr gut und ich finde die Geschichte spannend. In den USA haben wir nicht so viel Geschichte.

Jessica: Ich mag vor allem die Kultur und auch die „Grunginess“ von Berlin, die Mode und wie sich die Menschen verhalten. Die Deutschen haben eine bestimmte Art von Humor und viel Selbstbewusstsein. Manchmal sind sie einschüchternd, aber auf eine gute und herausfordernde Art.

Hört ihr manchmal deutsche Musik?
Harry: Nicht so viel leider, aber ich mag natürlich „99 Luftballons“ von Nena. (lacht) Unsere Dozentin hat uns auch „Du hast den Farbfilm vergessen“ gezeigt. Das hat mir gut gefallen. Der Song ist zwar schon ein bisschen älter, die Musik macht aber gute Laune.

Jessica: Ich war einmal abends unterwegs und habe deutsche junge Leute gesehen, die auf der Straße Musik gespielt haben. Wir sind zu den Musikern und haben gefragt, was das ist. Sie hatten die Songs selbst komponiert. Später habe ich mir das ganze Album auf Spotify angehört. Es ist richtig gut.

Habt ihr auch schon andere Städte in Deutschland besucht?
Harry: Berlin, Potsdam, Dresden, Leipzig. Mit unserem „Study Abroad“-Programm von der UNL haben wir außerdem noch ein Reisewochenende eingeplant. Ich werde nach München gehen. Ich möchte die Stadt anschauen und einfach durch die Straßen laufen.

Jessica: Hamburg, Dresden, Wittenberg, Rostock, Potsdam, Spreewald. Ich war aber auch schon in Prag in Tschechien, was von hier aus nur vier Stunden mit dem Zug sind. Potsdam ist total schön! Hamburg war interessant, da die Architektur ganz anders ist als in Berlin. Wir sind dort zur Elbphilharmonie gegangen, aber Berlin gefällt mir trotzdem besser. Irgendjemand macht hier immer irgendwo etwas. Die Stadt schläft nie.

Wie gefallen euch das Humboldt-Institut und die Deutschkurse?
Harry: Ich mag die Schule. Man lernt so viel leichter, wenn man es jeden Tag nicht so weit zur Schule hat. Wir wohnen ja direkt in dem Gebäude, in dem auch der Unterricht stattfindet. Das ist sehr praktisch. Und die Lehrkräfte sind wirklich professionell.

Jessica: Der Unterricht ist sehr intensiv. Ich lerne Deutsch seit fast 8 Jahren, aber hier lerne ich viel schneller als zu Hause in Nebraska, wo ich nur drei Unterrichtsstunden pro Woche habe. Es ist einfacher, wenn man in dem Land und in der Kultur ist, wo die Sprache gesprochen wird, anstatt in den USA zu sein und nur ein bisschen Hausaufgaben zu machen. Die Mitarbeiter am Humboldt-Institut sind alle so nett. Die Sekretärinnen, der Küchenchef, die Institutsleiterin. Sie alle unterstützen uns und sind für uns da. Genauso wie der Freizeitbetreuer, der immer Zeit mit uns verbringt.

Wie schmeckt euch das Essen?
Harry: Das Essen ist meistens richtig gut und der Küchenchef ist total nett. Er nimmt auf die Diäten von uns Rücksicht. Oft ist das vegetarische Essen sogar besser als die Gerichte mit Fleisch. (lacht)

Jessica: Ich finde vor allem toll, dass ich jeden Tag bekocht werde und nicht selbst kochen muss. (lacht) Das Essen ist sehr lecker, wobei ich eigentlich gerne sehr scharfes Essen mag, was es hier im Institut nicht so oft gibt. Meine Schwester hat mir aber eine scharfe Sauce geschickt und mit der peppe ich das Essen auf.

Wird der Sprachkurs hier in Deutschland von eurer Uni in den USA anerkannt?
Jessica: Wir bekommen 15 Credits für den Humboldt-Sprachunterricht und dann nochmal 3 Credits für den Kulturunterricht von unserer Dozentin, also insgesamt 18 Credits. Normalerweise bekomme ich zu Hause nur 12 oder 15 Credits pro Semester. Also verliere ich durch den Aufenthalt in Berlin keine Zeit, sondern komme im Studium sogar schneller voran.

Könnt ihr das Programm hier weiterempfehlen?
Harry: Ich finde die Möglichkeit, hier zu sein, wirklich unglaublich. Ich bin sehr froh, dass ich hergekommen bin. Wer die Möglichkeit hat, dem kann ich den Kurs hier auf jeden Fall sehr empfehlen.

Jessica: Ja, zu 100%! Es kann stressig sein, aber man lernt sehr schnell Deutsch, die Lage der Schule ist genial und hier zu wohnen, ist wirklich komfortabel. Die Sekretärinnen helfen uns, einen Aufenthaltstitel zu beantragen, und das Humboldt-Institut hilft auch anderen Schülern bei der Suche nach einer Uni in Deutschland für die Zeit nach dem Sprachkurs. Das alles könnte man als Student alleine gar nicht schaffen, aber hier hat man die Unterstützung. Man lernt so viele gute Menschen kennen und schließt viele Freundschaften mit Menschen aus der ganzen Welt, aber natürlich auch mit Deutschen. Ich habe beobachtet, wie schüchterne Studenten hier aufblühen, sich mehr öffnen und mehr sie selber sind. Es ist also auch eine tolle Sache für die persönliche Entwicklung und einfach eine einmalige Erfahrung.

Vielen lieben Dank euch beiden, dass ihr eure spannenden Eindrücke mit uns geteilt habt. Wir wünschen euch weiterhin viel Spaß beim Deutschlernen und für die Zukunft alles Gute!